Montag, 1. Juli 2013

Sieg der Öldiktatur oder der Gerechtigkeit? - Kommt ein Diktatorenfreund und Lobbyistenfan in der UNO seinen Gönnern zu Hilfe?

Es klingt fast zu schön um wahr zu sein, doch laut der Neuen Zürcher Zeitung ist es in der Tat Realität. Eine Vielzahl von liberalen Schweizer Politikern kämpft Seite an Seite mit armenischen, kurdischen und jüdischen Verbänden für die Errichtung eines Mahnmals gegen die größten Verbrechen in der jüngeren Geschichte der Menschheit (vgl.:http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/uno-opponiert-gegen-geplante-armenier-gedenkstaette-in-genf-1.18107791).
Doch neben der üblichen Rumpelstillzchenposse seitens der türkischen Regierung, die sowohl bei liberalen türkischen Intellektuellen an den freien Universitäten des Landes als auch beim Who-is-Who der internationalen Historiker für Nichts außer Unverständnis und Kopfschütteln sorgt, stellt sich nun überraschenderweise UNO quer, bzw. vielmehr interveniert ihr Generaldirektor, Kassym-Jomart Tokajev.
Nun ist es an der Zeit sich zu fragen, wer dieser Herr eigentlich ist.
„Zeig mir, mit wem du dich umgibst, und ich sag dir ... ... wer du bist“, bei genauerer Betrachtung des Wirkens der Person Tokajev kommt diesen alten Sprichwort eine ganz besondere Bedeutung zu.

Tokajev ist früherer Premier- und Außenminister Kasachstan und wurde 2011 von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon zum Generaldirektor der Vereinten Nationen in Genf ernannt.
Nicht erst seit dem Beginn seiner Amtszeit fällt bei Tokajev ganz stark seine kritiklose Affinität zu Aserbaidschan, der nationalistisch-neofaschistischen Erbdiktatur am mit reichen Ölvorkommen gesegneten Kaspischen Meer, die sich nun in zweiter Generation im Würgegriff des Aliyevclans befindet, auf.
So eröffnete er am 9.Mai 2013 eine Kunstausstellung mit Gemälden von u.a. aserbaidschanischer Maler (http://www.azernews.az/culture/53564.html) und adressierte seinen besonderen Dank an den Botschafter des repressiven Alliyev-Systems und bekam dafür in dessen staatlich kontrollierter und zensierter Presse bereits ein sehr positives Echo.
Ebenfalls im Mai dieses Jahres partizipierte Tokajev an vorderster Front bei der Ehrung des Begründers des diktatorischen aserbaidschanischen Familienregimes, Haydar Aliyev, dessen Sohn Ilham seit dem Tod des Vaters im Jahre 2003 die Macht im Staat zwischen Kaukasus und Kaspischem Meer von ihm erhalten hat (vgl.:http://www.azernews.az/azerbaijan/53705.html)

Die Aliyevsche Regimepolitik kennt in Wesentlichen vier Säulen, die erste Wirtschaftliche ist die nahezu vollständige Abhängigkeit von den Ölvorkommen im Kaspischen Meer vor der Küste Bakus. Damit einhergehend ist ein starker Zentralismus, der nur einen kleinen in der Hauptstadt ansässigen, regimetreuen Bevölkerungsanteil Zugang zum durch das schwarze Gold entstandenen potenziellen Wohlstand gewährt. Darin weißt das Land große Äquivalenzen zu den ebenfalls von autoritären Diktatoren geführten und 100% ölabhängigen Golfstaaten auf.
Die zweite Säule ist ideologischer Natur und besteht in der Einschwörung auf den türkischen Nationalismus.
Die dritte ist, und das sollte jeder, der die Berichterstattung im Vorfeld des Eurovision Song Contests verfolgt hat, noch im Kopf haben, die ständige Bespitzelung sowie die gewaltsame Zerschlagung der ohnehin nur marginal ausgeprägten oppositionellen Strukturen im Land.
Als vierte Säule ist ein massiver wirtschaftlicher Protektionismus zu nennen, der die wenigen mittelständischen nicht-staatlichen systematisch am Wachsen durch Teilnahme am internationalen Markt hindert, da er ihnen grundsätzlich schon verbietet mehr als umgerechnet ca. 1000€ pro Woche ins Ausland zu transferieren, was aufgrund des staatlich kontrollierten Bankenwesens und dessen astronomisch hoher Auslandsüberweisungsgebühren ohnehin nur durch die Präsenz von Western Union überhaupt ein wenigen Fällen einen Sinn macht.

Eine ausführliche Analyse des diktatorischen Systems Aliyev findet sich unter nachstehendem Link:http://madlens-blog.blogspot.de/2012/01/acht-blickwinkel-aserbaidschan.html
Was gibt es bitte positiv an einem solch fragwürdigen Lebenswerk bzw. Vermächtniss eines lupenreinen nationalistischen Diktators durch einen ranghohen UNO-Repräsentanten, zu würdigen Herr Tokajev?
Tokajev war als Mitglied der kasachischen und des kasachischen Parlaments lange vor seiner Berufung zur UNO nach Genf als Förderer der Ölindustrie bekannt, welche enge Kontakte zur Erbdiktatur am Kaspischen Meer unterhält.
(vgl.: http://iwep.kz/uploads/files/biblioteka/books/Kazakhstancy_o_pervom_presidente_RK.pdf sowie http://www.newsline.kz/news.php?y=2008&m=09&d=16)
So ist es wenig verwunderlich, dass er auch nun in Genf gerne gesehener Gast bei Festivitäten der ständigen diplomatischen Vertretung des Aliyev Clans ist und dafür ein ums andere Mal und besonders im Frühjahr 2013 wie kaum ein anderer ausländischer Politiker mit positiven Pressefeedbacks der staatlichen kontrollierten und zensierten Presse der Aliyevschen Erbdiktatur bedacht wird.
(vgl. u.a. „The opening ceremony of the Cultural Night was addressed by the Deputy Minister of Culture and Tourism of the Republic of Azerbaijan Madame Sevda Mammadaliyeva and the Director-General of UN Office at Geneva Mr. Kassym-Jomart Tokayev. Mr. K.Tokayev expressed his gratitude and appreciation to the Permanent Mission and in particular Ambassador, Permanent Representative Dr. Murad N.Najafbayli for the organization of the International Day of Nowruz and Azerbaijani Cultural Night.” (http://www.azmission.ch/xeberler/20130404070214088.html)
Wenn ein eigentlich der Neutralität verpflichteter UN-Repräsentant derart oft und durchweg positiv mit Lob von den staatlichen Medien eines totalitären Regimes überseht wird, ist dies sehr verdächtig.
Der Einfluss regimegestützter aserbaidschanischer Lobbys und deren Barreldollars hat in Person von Tokajev nun offenbar die UNO erreicht.

In Europa sind diese Einflüsse bereits länger bekannt und äußern sich ansonsten dadurch verurteilte Mörder von schlafenden Armeniern aus anderen Staaten freizukaufen, um sie anschließend Nationalhelden zu verehren:
Am 18. Februar 2004 kauft sich der aserbaidschanische Soldat Ramil Safarov eine Axt. Er ist mit Militärangehörigen aus anderen Ländern in Budapest, um an einem Nato-Fortbildungsprogramm teilzunehmen. In der übernächsten Nacht nimmt er die Axt, geht ins Zimmer eines schlafenden Teilnehmers aus dem verfeindeten Nachbarland Armenien und erschlägt ihn im Schlaf. Die Obduktion wird ergeben, dass er ihn sechzehn Mal im Gesicht trifft und den Kopf fast vom Rumpf trennt. Danach macht sich Safarov auf den Weg, einen weiteren armenischen Soldaten im Gebäude zu töten. Bevor er in dessen Zimmer eindringen kann, wird er von der Polizei verhaftet. Ein ungarisches Gericht verurteilte Safarov 2006 zu lebenslänglicher Haft. Frühestens 2036 sollte er begnadigt werden können. Der Richter begründete das Urteil mit der Brutalität der Tat und dem Fehlen jeder Reue.“ (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/ein-aserbaidschanischer-held/)

Außerdem sollen Berichte über die zahlreichen politischen Gefangenen, die Repressivität des totalitären Regimes untermauern, durch aufdringliche Bestechungsversuche gezielt von europäischen Gremien und der europäischen Öffentlichkeit fern gehalten werden:
The group published its findings in a May report titled "Caviar Diplomacy, How Azerbaijan Silenced the Council of Europe."
There has been a very conscious strategy of systematically inviting large numbers of parliamentary assembly members to various events in Azerbaijan," says ESI's director Gerald Knaus. "There has been a policy of gift-making. There has also, of course, been legitimate political lobbying. The end result has been a disastrous abrogation of the Council of Europe's core mandate, which is to criticize member states if they don't fulfill their obligations.
Knaus, Von Cramon, and others say Azerbaijan's aggressive lobbying is threatening PACE and undermining its credibility.
” (http://www.rferl.org/content/pace-azerbaijan-political-prisoners-lobbying/24730257.html)

Kritische Worte für solche Initiativen seiner alten Ölfreunde vom Alievregime sucht man bei Kassym-Jomart Tokajev genauso vergeblich, wie eine Distanzierung von der Kopfgeldaussetzung sowie dem Mordaufruf seitens des Aliyev Regimes gegen den Schriftsteller Akram Aylisli und die staatlich geförderte Bücherverbrennung in Aserbaidschan:
„Gegen den 75-jährigen Schriftsteller Akram Aylisli läuft derzeit eine Hetzjagd in Aserbaidschan. Ein Kopfgeld wurde verhängt, seine Bücher verbrannt, die Rente gestrichen und zum Mord gegen ihn aufgerufen. All' dies erfolgt nicht durch eine kleine rassistische Randgruppe, sondern durch den Diktator Ilham Aliyev persönlich, seiner Regierungspartei und der "modernen" Oppositionspartei."
(http://www.der-kosmopolit.de/2013/02/bucherverbrennung-und-hetzjagd-gegen.html)

Angesichts dieser Tatsachen ist es nur wenig verwunderlich, dass Tokajev sich zum Vorreiter der „Bedenken“ gegen das geplante Mahnmal, welches zwar armenische Inschriften aber nicht einmal „das heikle G-Wort“ enthält.

Neben der Türkei opponiert auch immer wieder deren kleiner Bruderstaat Aserbaidschan gegen jegliche Thematisierung der Verbrechen gegen das armenische Volk. Die engen Beziehungen, die Tokajev seit Jahren zu dessen Vertretern unterhält, scheinen direkten kausalen Zusammenhang zu seiner Einmischung in den Denkmalbau zu bilden.

Auch dass Herr Tokajev auch im eigenen Land wenig mit demokratischen Kräften anfangen konnte und gerne mal für einen Diktator in die Bresche springt, ist Kennern der Region bekannt: "K.-Z. Tokajew nahm an den Repressionen gegen die demokratischen Kräfte in Kasachstan teil. Am 20. November 2001 hält K. Tokajew auf Antrag des Präsidenten eine Fernsehansprache (Kanal Khabar-Kanal), in der er sich an den Präsidenten Nasarbajew wendet und ihn darum bittet, einige Regierungsmitglieder und einige Beamten, darunter Mukhtar Ablyazov, Galymzhan Zhakiyanov, Oraz Dzhandosov und andere, die sich in einem Land, in dem sich die politische Bewegung zugunsten einer „demokratischen Wahl Kasachstans‟ entwickelte, für die demokratischen Reformen ausgesprochen hatten, zu entlassen.

Nach der Einleitung der Strafverfolgung in der Schweiz und in den Vereinigten Staaten Amerikas 1999 gegen den kasachischen Präsidenten und seines engsten Entourages (diese aufsehenerregende Korruptionsaffaire wurde Kazahkgate genannt) beauftragt Nasarbajew Tokajew damit, alle Mittel einzusetzen, um die Untersuchung fallen zu lassen – alle notwendigen politischen, ökonomischen und andere Schritte sind nützlich, um dieses Ergebnis zu erzielen. Tokajew wird auch damit beauftragt, für Nasarbajew einen neuen Anwalt zu finden. Zwischen 2002 und 2003 ist K. Tokajew mehrmals in die Schweiz gekommen, um das Problem mit den Schweizer Behörden zu lösen."
(http://www.viktor-khrapunov.com/de/publikationen/vk-13/)

Herr Tokajev, Sie haben durch diesen erwartbaren aber unglaublich dummen Steinwurf ein riesiges Loch in ihr dünnes Glashaus geworfen.

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