Donnerstag, 20. März 2014

Die Krimkrise in den Medien: Ein bisschen weniger Rocky 4, dafür etwas mehr Billy Joel, bitte!!!

Als es 1999 darum ging, Serbien und somit die Einflusssphäre Russlands zu verkleinern, war das im Zivilpakt festgeschriebene "Selbstbestimmungsrecht der Völker" noch ein hohes Gut, aber für Kurden, Basken oder die Russen auf der Krim soll es nicht gelten dürfen, nur weil die von sog. "Partnern" statt von sog. "Feinden" besetzt sind?
Kann man moralische Ratschläge von politischen Kräften überhaupt ernst nehmen, die seit 30 Jahren die Besatzung Nordzyperns protegieren?
Wo bleiben die Hintergrundberichte und Analysen in den deutschen Nachrichten?
Wie können diese in Anbetracht ihrer schablonenhaften Suggestivberichte noch erarten ernst genommen zu werden, wenn sie Beschränkungen von Pressefreiheit anderswo auf der Welt anprangern?
Hätten die USA in den Kosovokonflikt überhaupt eingegriffen, wenn Serbien vorher auf ihren Vorschlag eingegangen wäre, eine Militärbasis auf seinem Staatsgebiet errichten zu dürfen?

Man dann keine moralischen Ansprüche an andere stellen, die man nicht auch an sich selbst hat.
Nur noch einmal zur Erinnerung: Die Unabhängigkeit des Kosovo war notwendig und richtig.
In Anbetracht der heiklen ethnischen Spannungen kann man auch den Einsatz von Super-Apache-Hubschraubern gegen serbisches Kriegsgerät am Boden vor Ort als gerechtfertigt bezeichnen.
Die USA und Großbritannien haben aber 1999 des Weiteren Belgrad mit Tarnkappenbombern angriffen.
Warum eigentlich, wenn es darum ging ethnischen Säuberungen im 350 Kilometer entfernten Kosovo vorzubeugen?
Wurden sie dafür mit Sanktionen belegt oder in Den Haag zur Rechenschaft gezogen?
Von der Abspaltung Montenegro 2006, bei dem das EU-Assozierungsabkommen quasi bereits gemachte Sache war, bevor das Abstimmungsergebnis feststand, ganz zu schweigen.
Bezeichnend ist wirklich, dass gerade jene USA und EU den moralischen Zeigefinger heben und mit Sanktionen lospoltern, die von 1974 beginnende blutige Invasion und bis heute andauernde Besatzung Nordzyperns sowie die damit verbundenen Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen stillschweigend akzeptieren bzw. seitens der USA mit Drohungen gegenüber Griechenland von Anbeginn der Stunde sogar protegieren.

Hat die ukrainische Protestbewegung als Bürgerbewegung gegen einen korrupten Despoten angefangen, ist sie jedoch mittlerweile zu einem nicht mehr wegzudiskutierenden Teil von rechtsradikalen Kräften wie Swoboda oder Sektor infiltriert.
Selbst die Tagesschau hat mittlerweile reagiert und brachte am 19.März 2014 darüber einen Bericht. Allerdings kommt dort weiterhin auf vier einseitige Berichte nur ein kritischer.

Die Krim ist nun einmal zu 60% russisch besiedelt, ebenso wie z.B. das Kosovo zu 70% albanisch und zu 30% serbisch besiedelt ist.
Warum soll die "nationale Einheit" der Ukraine mehr Wert sein, als die "nationale Einheit" Serbiens?
Und ist "nationale Einheit" nicht überhaupt ein Begriff aus dem 19. Jahrhundert?

Man muss sich noch nicht einmal mit der Darstellung russischer Medien auseinandersetzen. Es genügt vollkommen die deutschen Nachrichten mit den deutlich neutraleren österreichischen und schweizerischen zu vergleichen und schon sieht man, dass mit der hiesigen Berichterstattung etwas nicht stimmen kann.

Man verschweigt nicht nur die Doppelmoral des Westens sondern emotionalisiert mit, ok das gebe ich gerne zu, teilweise nachvollziehbaren Ängsten der Bevölkerungen im Baltikum und Polen.
Das fände ich auch noch in Ordnung, würde die Kehrseite der Medaille ebenso erwähnt. Man enthält sie jedoch dem obrigkeitsgläubigen 08/15-Germanski, der alles schluckt, was die Televisionsmedien um vorkauen, vor. Im Kaukasus gibt es einen Staat namens Armenien. Ein Land dessen Volk wahrscheinlich, sieht man von Israel, den Tutsi und den Opfern des Khmer-Regimes in Kambodscha ab, wie weltweit kaum Anderes durch Völkermord und Unterdrückung gelitten hat, und das durch den seit Ende der Sowjetunion bestehenden militärischen Dauerkonflikt mit dem bevölkerungsreicheren, flächenmäßig dreimal so großen und durch die reichen Erdölvorkommen an seiner Küste auch wirtschaftlich haushoch überlegenen Aserbaidschan, in ständiger Bedrohung lebt. Das russische Militär schützt die Grenze Armeniens mit, und ist hier Garant für die Prävention eines weiteren Völkermords. Würde Russland tatsächlich in einen militärischen Konflikt an seinen Westgrenzen verwickelt und müsste Truppen aus Armenien abziehen, könnte dies vom aserbaidschanischen Diktator Ilham Aliyew, zu dessen Regime ich mich bereits in früheren Beiträgen geäußert habe, als Einladung für einen Überfall auf Armenien verstanden werden. Dies würde vermutlich den Todesstoß für die kleine, junge Demokratie mit Schönheitsfehlern bedeuten. Der Präzedenzfall Nordzypern lässt die Prognose zu, dass vom Westen im Falle eines Überfalls keine Hilfe zu erwarten wäre. Der wird nämlich nur dann aktiv, wenn ein vermeintlicher Partner Russlands gegen Menschenrechte verstößt. Bei den eigenen Partnern oder Staaten gegenüber denen man zumindest neutral eingestellt ist, sieht man gerne einmal über die ein oder andere Invasion oder das ein oder andere Massaker hinweg (z.B. Stichwort „Rojava“).
Klingt absurd oder abwegig? – Mag sein! Auf keinen Fall aber abwegiger als die Szenarien, die unsere Medien von einer Invasion Russlands im Baltikum oder Polen zeichnen. Es sei erwähnt, dass österreichische und schweizerische Berichterstatter vor Ort diese Szenarien auch für unrealistisch halten, ohne von den dreisten Zwischenfragen einer immer unkontrollierter dummdreist agierenden Marieta Slomka oder den Suggestivfragen eines Klaus Kleber unterbrochen zu werden.

Des Weiteren ist Völkerrecht mit seinen verschiedenen Rechtsquellen selten eindeutig und unkontrovers darzustellen ist grundlegend falsch. Eine schlüssige Bewertung diesbezüglich habe ich noch nirgendwo gelesen. Es wird immer nur nach der "Huck, ich habe gesprochen – Mentalität“ gesagt, dass ein Verstoß vorliegt oder nicht. Dass hier aber eventuell Paragraphen der UN-Charta mit Artikeln des Zivilpakts kollidieren und eine Gewichtung vorgenommen werden muss, erwähnt niemand. Ob dies nun absichtlich oder nur aus Faulheit geschieht sei dahinstellt. Von Resolutionen der UN oder des Europarats, die in der Praxis nicht wirklich justiziabel sind, sondern bislang lediglich Empfehlungscharakter besitzen ganz zu schweigen. Völkerrecht ist keine Ampel, auf der es nur Rot und Grün gibt, sondern eine komplexe Baustelle.

In der politischen Bildung gibt es gemäß dem Beutelsbacher Konsens ein Indoktrinationsverbot und ein Kontroversitätsgebot, an dem sich Lehrkörper dieses Faches zu orientieren haben.
Den meisten Journalisten der Tagesschau, von ProSieben-Sat1, RTL und insbesondere des ZDF scheinen solche Prinzipien vollkommen fremd zu sein.

Die deutschen Medien inszenieren, wie so oft wenn es um Russland geht, die plumpen Stereotypen vom bösen, skrupellosen und mit unlauteren Mitteln kämpfenden Iwan Drago. Als kritischer Mensch sollte man sich wünschen, sie würden ein bisschen mehr auch den Viktor aus Billy Joels Song Leningrad berücksichtigen.

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