Montag, 9. Juni 2014

Kaffeefahrt zur Störung der Totenruhe........Mit UETD- und Diyanet Tours unterwegs in den Niederlanden...........Darum braucht ganz Europa das Schweizer Antirassismus Gesetz

Mai und Anfang Juni waren sehr ereignisreich.
Es gab zwei skandalös schlechte und diskriminierende Artikel des Nachrichtenmagazins Focus, eine erfreuliche Entscheidung des EMGR und vor allem eine Kaffeefahrt zur Störung der Totenruhe.


Kaffeefahrt nach Almelo mit (V)Erkaufsveranstaltung

Am 24.April 2014 wurde im niederländischen Almelo die größte armenische Genozidgedenkstätte der Europäischen Union eingeweiht.

Einweihung des armenischen Genoziddenkmals im niederländischen Almelo. In seiner Architektur ist es stark an Tsitsernakaberd in Yerevan angelehnt

Bei der Einweihung selbst noch konnte von wenigen dutzend unbelehrbaren Wirrköpfen gesprochen werden, die sich die Gelegenheit nicht nehmen ließen, ihren Rassenhass und ihre Unfähigkeit zu qualifizierter Reflexion über Geschichte zur Schau stellen zu müssen, wie man sie leider häufig bei Einweihung von Gedenkstätten und Mahnmalen findet.
Anders jedoch am Sonntag, den 01.Juni 2014. An diesem Tag wurde Almelo zum Ausflugziel von 4000 bis 5000 per UETD und Diyanet Tours kostenlos Reisenden. Beinahe zeitgleich wird in Deutschland eine Studie publiziert, dass Migranten den seit mehr als drei Generationen Deutschen immer ähnlicher werden. Dass diese Studie vom Vorhaben der beiden türkischen Verbände wusste und sie als Kaffeefahrt wertete, ist unwahrscheinlich aber möglich. Sieht man von ihrem Gratischarakter ab, so weißt das Unternehmen jedenfalls einige Parallelen zur klassischen Urform allen deutschen Tourismus auf.
Die Teilnehmer nutzten den Tag, um gemeinsam durch die Stadt zu marschieren, durch die Reiseveranstalter, die UETD (Union of European Turkish Democrats / Union Europäisch Türkischer Demokraten), ein verlängerter in ganz Zentraleuropa agierender Arm der türkischen Regierungspartei AKP, und die Diyanet, verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde, kostenlos per Bus aus allen Teilen der Niederlande, Belgiens, und Nordwestdeutschlands anreisen und verköstigt werden zu dürfen. Dabei lassen sie sich nicht davon stören, im Gegenteil sie hören dabei gerne den Rednern zu, die sie gegen den, nach ihrer Auffassung, armenischen Erbfeind mit einer Reihe von historischen Falsifikationen und inflationär ausgeschlachteten Dolchstoßlegenden einschwören. Dabei schwingen sie zahlreiche von den Veranstaltern zur Verfügung gestellte, bunte Fähnchen, zumeist die türkische Nationalflagge, aber auch Flaggen, die Sympathie zur panturkistischen Ideologie, die ein großtürkisches Reich vom Bosporus, über das Kaspische Meer und Zentralasien bis nach China hinein propagiert, ausdrücken. Wir haben es also, sieht man vom Kostenfaktor ab, mit einer Vielzahl von Merkmalen der klassischen Kaffeefahrt zu tun; die Busfahrt, die Fürsorge für das leibliche Wohl, Sightseeing in einer fremden Stadt und die von Anpeitschern und Rednern geleitete Verkaufsveranstaltung.
- Moment mal! Hat der Autor nicht eben noch gesagt, es sei nichts verkauft worden?
- Irrtum! Es fand kein klassischer Warenverkehr gegen gültiges Zahlungsmittel statt. Verkauft bzw. erkauft wurden jedoch sehr wohl die ideologischen Güter Nationalismus und Rassismus. Totalitäre Organisationen und Staaten fördern seit jeher die Entstehung und den Erhalt von klar definierten Feindbildern. Genau das und nichts anderes ist das Ziel der Veranstalter.

Bild von der Demonstration in Almelo: In altosmanische Trachten, türkische, aserbaidschanische und panturkistische Flaggen schwenkend jubelt die Menge den Rednern zu

Auf den wahrscheinlich von den Organisatoren vorgefertigten Transparenten wird "Hass" angeprangert. So versuchen die Organisatoren ihrer Gefolgschaft zu suggerieren, sie seien die Opfer einer armenoosch-niederländischen Provokation. Offenbar denkt keiner der Demonstranten darüber nach, wie absurd es ist, der Armenischen Gemeinde aufgrund der Nutzung einer Gedenkstätte für Opfer eines veheerenden historischen Verbrechens "Hass" vorzuwerfen. Ausgerechnet UETD und Diyanet erdreisten sich zur Erstellung solcher Plakate, sorgen sie doch selbst z.B. auf dem Friedhof der Berlinder Şehitlik-Moschee für die Verehrung von Architekten des selbigen. Nicht die Armenische Gemeinde von Almelo oder die dortigen Kommunalpolitiker, vielmehr Diyanet und UETD selbst sähen durch solche Transprente und mit ihren Rednern den Hass hinein in die unter einem Fahnenmeer versteckte Menge. Sie sind es, die Grundrechte missbrauchen, um eine Einschränkung der Grundrechte, Meinungs- und Religionsfreiheit, gegenüber der Armenischen Gemeinde zu fordern. Allein schon diese von der zwanghaften Aufrechterhaltung stereotyper Feindbilder, wie sie totalitären Regimen und Gruppierungen zu eigen ist, getriebene Doppelmoral spottet jeder Beschreibung.


„Wir haben sie einmal umgebracht und wir würden es wieder tun“

Die meisten Kaffeefahrtteilnehmer erleben also einen beschaulichen und von den großzügigen Ablegern ihrer Regierungsorganisationen gesponserten Sonntag; Busfahrt, Verköstigung, Völkermordsleugnung und Sündenbockpräsentation im „Rundum-Sorglos-Pakt“ des Veranstalters inklusive. Ansonsten verfahren sie im Nachhinein meist obrigkeitstreu nach dem Motto „Ohne meinen UETD- und Diyanet Tours sag‘ ich gar nichts“.
Die Hashtagsuche bei Facebook fördert aber auch Kommentare zu Tage wie „Wir haben sie einmal umgebracht und wir würden es wieder tun“, sodass man sich im Nachhinein doch irgendwo an die zwischen 1997 und 2003 von der NPD organisierten Aufmärsche gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ erinnert fühlt.


Störung der Totenruhe

Die Kaffeefahrtdemonstration fand in den Niederlanden unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit statt. Nach deutschem Recht wäre eine solche Veranstaltung in unmittelbarer Nähe zu einer Gedenkstätte jedenfalls mehr als fragwürdig, wenn nicht sogar strafbar, heißt es in § 168 StGb „Störung der Totenruhe“:
(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt.
(3) Der Versuch ist strafbar.“
Gegen Absatz 2 wurde durch die Redner der Veranstaltung mehrfach verstoßen.
Allein dies sollte Anlass genug sein, diese beiden auch in Deutschland operierenden Organisationen, über die darüber hinaus immer wieder Beschwerden von armenischen, aramäischen, griechischen, alevitischen und jüdischen Verbänden vorgebracht werden, verstärkt im Blick zu behalten.
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Die bagatellisierte Gefahr

Auch unter Vertretern alevitischer Verbände steht die Diyanet, unddie UETD ohnehin, in der Kritik. Hierzu möchte soll auf den Beitrag „Ditib: Schaden für die Integration“ BDAJ zur Diyanet von der Facebookseite des BDAJ Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland hingewiesen werden.
Auch das Nachrichtenmagazin Focus verharmloste jüngst türkischen Rassismus. Es stellt in seinem Artikel „Feindseligkeit unter Ausländern – Angriffe von Türken auf Kurden“ die Thematik so dar, als sei sie auf Gangstreitigkeiten zwischen Gangs unter Einfluß der türkisch-rechtsradikalen Grauen Wölfen und links gerichteten kurdisch geprägten Gangs beschränkt. Dabei wird mit Aussagen eines Buchautoren und ehemaligen Polizisten argumentiert, der sich nur ganz am Rande mit Thema beschäftigte. Dass aber mindestens alle autochthonen Minderheiten des türkischen Staatsgebietes betroffen sind, wird ebenso verschwiegen wie die der Einfluss des türkischen Staatsapparates und dessen Minderheitengeschichte. Außerdem geht der Focus nicht darauf ein, dass Mitglieder der Grauen Wölfe, deren Mitgliederzahl in den alten Bundesländern die aller rechts gerichteten Parteien deutlich übersteigt, auch oft zeitglich Mitglieder der o.g. Organisationen sind. Hier wird ein immer größer werdendes Problem durch eines der bedeutendsten Nachrichtenmagazine Deutschlands verharmlost und auf einen seiner äußersten Randaspekte reduziert. Wie groß die politische Sprengkraft der Thematik ist, zeigt sich in den aktuell sowohl in der CDU NRW als auch anlässlich der Anfeindungen seitens Ozan Ceyhun gegen Cem Özdemir in der SPD stattfindenden Debatten bzgl. der extremistischer innerparteilicher Aktivitäten von Mitgliedern türkischer Organisationen. Auch hier konnten sich bislang Aufklärer leider noch nicht gegen notorische Verharmloser durchsetzen.
Dass das Nachrichtenmagazin Focus zu den Verharmlosern des türkischen Rassismus gehört, sich aber andererseits nicht scheut eine inflationäre Kriminalisierung der Kurden zu betreiben, bewies es in seinem grotesk anmutenden, mit medizinischen Halbwahrheiten gespickten Artikel "Gift zum Blubbern".


Ein Schweizer Antirassismus Gesetz für ganz Europa

Ebenso steht die stattgegebene Revision der Schweiz gegen das umstrittene Urteil des EMGR zu Gunsten des türkischen Völkermordsleugnungsreisenden Doğu Perinçek im Juni 2014 auf der politischen Agenda.
Zwar lässt sich, wenn man die Demonstrationen nüchtern betrachtet zwar noch der positive Lichtblick erkennen, dass eine Teilnehmerzahl von zwischen 4000 und 5000 angesichts der angewendeten Lockmethoden sowie der Anzahl türkischstämmiger Migranten im Einzugsgebiet, alles andere als überwältigend ausfiel.
Jedoch wären 4000 bis 5000 Teilnehmer eines Neonaziaufmarsches – die Ausmaße solcher Veranstaltungen müssen angesichts der erläuterten Qualität und Zielsetzung der Veranstalter hier als Referenzgrößen gelten – überall in Europa als alarmierende Zahl zu bewerten. Das sollte auch geschehen. Nicht zuletzt darum, weil die Organisatoren von Politik und Presse immer wieder nicht nur geschont sondern sogar durch Artikel, wie dem angesprochenen aus dem Focus, indirekt unterstützt werden.
Solchen eindeutig rassistischen und totalitären Aktivitäten kann nur Einhalt geboten werden, wenn sie offensiv angesprochen, öffentlich verurteilt und justiziabel gemacht werden. Das Schweizer Antirassismus Gesetz darf nicht durch rassistische und xenophobe Missbräuche der Meinungsfreiheit gekippt werden. Vielmehr sollte es auch in der EU Schule machen.

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